Schimmel in Mietwohnungen ist kein rein kosmetisches Problem. Was sich zunächst harmlos als dunkler Fleck in der Raumecke zeigt, kann sich über Wochen unbemerkt zu einer massiven Gesundheitsgefahr entwickeln. Feuchte Wände, schlechte Belüftung und bauliche Mängel schaffen ideale Bedingungen für Sporenwachstum. Doch wenn die Beschwerden beginnen – Reizhusten, Asthma, Hautprobleme – stellt sich schnell die entscheidende Frage: Wer haftet für die Folgen? In diesem Beitrag klären wir, welche Pflichten Vermieter und Mieter haben, wann eine rechtliche Verantwortung entsteht – und warum fundiertes Fachwissen, etwa durch einen TRGS 521 Lehrgang, nicht nur für Fachleute relevant ist.
Wie entsteht Schimmel überhaupt?
Feuchtigkeit ist der Schlüssel. Sie entsteht entweder durch falsches Lüften und Heizen – oder durch bauliche Mängel. Typische Ursachen sind:
Baulich bedingt | Verhaltensbedingt |
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Undichte Dächer oder Fenster | Seltenes Stoßlüften |
Wärmebrücken in der Bausubstanz | Trocknen von Wäsche in Innenräumen |
Aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk | Dauerhaft gekippte Fenster |
Rohrbrüche und Wasserschäden | Dauerhafte Versiegelung von Luftwegen |
Entscheidend ist: Nicht jede Schimmelbildung bedeutet automatisch, dass der Vermieter haftet. Deshalb ist die genaue Klärung der Ursache der erste Schritt zur Verantwortungsfrage.
Wer haftet im Schadensfall – und wann?
Das deutsche Mietrecht gibt klare Leitlinien:
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Ist der Schimmel durch bauliche Mängel entstanden, liegt die Verantwortung beim Vermieter.
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Beruht die Schimmelbildung auf dem Verhalten des Mieters, kann diesem die Schuld zugewiesen werden.
Was Gerichte prüfen:
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Wurde der Schaden gemeldet?
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Wurde der Mangel ordnungsgemäß behoben?
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Ist der Mieter nachweislich über korrektes Lüften informiert worden?
Die Beweispflicht liegt zunächst beim Mieter – er muss den Mangel melden. Danach muss der Vermieter beweisen, dass keine bauliche Ursache vorliegt. Die Gerichte legen dabei zunehmend Wert auf gut dokumentierte Gutachten, fachgerechte Beratung und technisches Hintergrundwissen, etwa durch Teilnehmer eines TRGS 521 Lehrgangs.
Gesundheitliche Folgen: Wann wird es ernst?
Laut Studien des Umweltbundesamts können bereits geringe Schimmelkonzentrationen die Gesundheit empfindlicher Menschen beeinträchtigen. Besonders gefährdet sind:
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Kleinkinder und Säuglinge
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Senioren
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Asthmatiker und Allergiker
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Menschen mit geschwächtem Immunsystem
Symptome bei Schimmelbelastung:
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Chronischer Husten
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Atemnot
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Hautausschläge
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Kopfschmerzen
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Konzentrationsstörungen
Je nach Dauer und Intensität der Belastung können langfristige Lungenschäden entstehen. In Extremfällen ist sogar eine fristlose Kündigung durch den Mieter rechtlich möglich, wenn der Wohnraum unzumutbar wird.
Wann haftet der Vermieter für Gesundheitsschäden?
Ein Vermieter haftet, wenn ihm Pflichtverletzungen nachgewiesen werden können. Dazu gehören:
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Nichtbehebung gemeldeter Mängel
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Versäumnis bei baulicher Sanierung
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Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Wird dem Vermieter grobe Fahrlässigkeit oder Ignoranz vorgeworfen, kann er für Heilbehandlungskosten, Mietminderung oder sogar Schadenersatz belangt werden. In einem Urteil des Landgerichts Lübeck (Az. 14 S 93/15) wurde ein Vermieter verurteilt, weil er trotz mehrfacher Hinweise keine ausreichende Schimmelbeseitigung veranlasste. Die Bewohner litten unter Atemwegserkrankungen – der Schadenersatz betrug mehrere tausend Euro.
Was Mieter konkret tun sollten: Interaktive Checkliste
✅ | Maßnahme für Mieter |
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☐ | Schimmel fotografieren und das Datum notieren |
☐ | Den Mangel schriftlich beim Vermieter melden |
☐ | Richtiges Lüftungs- und Heizverhalten dokumentieren |
☐ | Fachliche Einschätzung durch Gutachter einholen (falls keine Reaktion erfolgt) |
☐ | Gesundheitsbeschwerden ärztlich dokumentieren lassen |
☐ | Mietminderung nur nach rechtlicher Beratung durchsetzen |
Diese Schritte helfen nicht nur beim Schutz der eigenen Gesundheit, sondern auch im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
Welche Rolle spielt der TRGS 521 Lehrgang?
Der TRGS 521 Lehrgang ist eine spezialisierte Schulung für Fachkräfte im Umgang mit Gefahrstoffen in Gebäuden, insbesondere bei Arbeiten an Asbest und mineralischen Dämmstoffen. Schimmel ist zwar kein Asbest – doch oft treten beide Gefahren gemeinsam auf, z. B. bei Altbausanierungen. Die Schulung vermittelt relevante Kenntnisse zur Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsschutz und rechtlichen Verantwortung. Für Vermieter bedeutet das:
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Mehr Verständnis für bauliche Ursachen
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Fundierte Entscheidungsgrundlagen
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Rechtssicherheit bei Instandhaltungen
Gerade bei wiederkehrenden Problemen oder umfangreichen Sanierungen sollten Vermieter in qualifizierte Fachberatung investieren – nicht zuletzt im Interesse der Gesundheit ihrer Mieter.
Wie Gerichte die Haftung zunehmend beurteilen
Die Rechtsprechung entwickelt sich dynamisch: Während früher der Fokus stark auf dem Verhalten der Mieter lag, verschiebt sich die Bewertung zunehmend in Richtung baulicher Verantwortlichkeit. Gerichte erkennen an, dass viele Altbauten ohne energetische Sanierung kaum dauerhaft schimmelfrei gehalten werden können.
Fazit der Tendenz: Wer vermietet, muss technisch und rechtlich auf dem aktuellen Stand sein – oder sich durch Fachfirmen beraten lassen.
Fallbeispiel: Wenn Schimmel den Alltag verändert
Eine vierköpfige Familie in Köln meldete Schimmelbefall im Kinderzimmer. Der Vermieter reagierte erst nach vier Monaten. Zwei Kinder entwickelten in dieser Zeit chronischen Husten und Schlafstörungen. Ein Gutachten wies eine baubedingte Wärmebrücke als Ursache aus.
Das Amtsgericht Köln (Az. 205 C 123/20) sprach der Familie eine Mietminderung von 30 % und Schmerzensgeld zu. Der Vermieter wurde zusätzlich verpflichtet, die Wohnung baulich zu sanieren.
Energetische Sanierung – Chance oder Risiko bei Schimmelproblemen?
Seit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) stehen Vermieter zunehmend unter Druck, energetisch zu sanieren. Neue Fenster, gedämmte Fassaden oder luftdichte Gebäudehüllen sollen den Energieverbrauch senken. Doch genau diese Maßnahmen können Schimmel fördern – wenn keine passende Lüftungslösung installiert wird. Denn: Je dichter die Hülle, desto weniger Luftaustausch findet statt.
In vielen Altbauten wurden Fenster ausgetauscht, ohne gleichzeitig das Lüftungskonzept anzupassen. Die Folge: Feuchtigkeit staut sich, Wände kühlen aus – der ideale Nährboden für Schimmel. Experten raten daher zu kontrollierten Wohnraumlüftungen mit Feuchtesteuerung. Diese reduzieren das Risiko signifikant, schützen die Bausubstanz und senken langfristig die Instandhaltungskosten.
Wer hier nicht ausreichend plant, riskiert nicht nur Schimmel – sondern auch Haftungsansprüche seitens der Mieter, wenn gesundheitliche Folgen entstehen.
Prävention durch Aufklärung – Vermieter in der Pflicht
Die meisten Schimmelfälle entstehen nicht über Nacht, sondern durch fehlendes Wissen auf beiden Seiten. Zwar müssen Mieter angemessen lüften – doch was „angemessen“ bedeutet, ist vielen unklar. Gleichzeitig unterschätzen Vermieter häufig die Informationspflicht, die sich aus § 535 BGB ableitet.
Ein einfaches Infoblatt zur Heiz- und Lüftungsempfehlung reicht in vielen Fällen nicht mehr aus. Immer mehr Gerichte verlangen nachweisbare Kommunikation, etwa durch:
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Übergabeprotokolle mit Hinweisen auf bauliche Besonderheiten
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Informationsbroschüren bei Einzug
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schriftlich dokumentierte Hinweise bei wiederholten Mängelmeldungen
Wer hier sorgfältig dokumentiert und proaktiv informiert, reduziert das Haftungsrisiko erheblich – und kann Konflikten vorbeugen. Ein fundiertes Verständnis für bauphysikalische Zusammenhänge, wie es etwa ein TRGS 521 Lehrgang vermittelt, wird damit zu einem echten Vorteil im Vermietungsalltag.
Checkliste für Vermieter – Schimmel vorbeugen, Haftung vermeiden
Diese Checkliste hilft Ihnen als Vermieter dabei, Risiken rechtzeitig zu erkennen, rechtssicher zu dokumentieren und Mieter aktiv zu schützen. Sie ist besonders hilfreich bei der Wohnungsübergabe, nach Sanierungen oder bei wiederholten Beschwerden.
✅ | Maßnahme für Vermieter |
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☐ | 🏠 Bausubstanz regelmäßig prüfen lassen (alle 2–3 Jahre) – speziell Fenster, Dach, Leitungen |
☐ | 📸 Feuchtigkeitsquellen dokumentieren und beheben – z. B. durch Protokoll, Fotos, Handwerkerbeleg |
☐ | 📄 Mieter aktiv schriftlich zum Lüftungsverhalten informieren – am besten bei Einzug und als Aushang |
☐ | 💧 Hygrothermisches Raumklima messen lassen – bei Altbauten mit hoher Schimmelanfälligkeit empfohlen |
☐ | 🛠️ Lüftungskonzept prüfen bei energetischer Sanierung – besonders bei Tausch von Fenstern oder Dämmung |
☐ | 📚 Fachliche Weiterbildung absolvieren oder beauftragen – z. B. durch Teilnahme am TRGS 521 Lehrgang |
☐ | 🧾 Schriftliche Nachweise bei Mängelbeseitigung aufbewahren – inkl. Datumsvermerk und Ausführungsdetails |
☐ | 🏢 Bei Mehrfamilienhäusern zentrale Ansprechperson benennen – für schnellere Reaktion bei Schadensmeldung |
☐ | 📦 Schadensmeldungen systematisch archivieren (digital & papierbasiert) – auch bei „kleineren“ Flecken |
☐ | 🧑⚖️ Im Zweifel rechtliche Beratung einholen – vor Mietminderung oder bei wiederkehrenden Problemen |
Verantwortung beginnt mit Wissen
Schimmel ist kein Einzelfallproblem. Er betrifft Millionen Haushalte – oft unerkannt, lange ignoriert. Wer vermietet, trägt Verantwortung – nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch im Sinne der Gesundheit anderer Menschen. Gerade in Zeiten steigender Gesundheitsbewusstheit ist fachliches Wissen, etwa durch einen TRGS 521 Lehrgang, ein klarer Wettbewerbsvorteil. Wer Risiken kennt, kann sie vermeiden – und so Vertrauen aufbauen, das weit über den Mietvertrag hinausreicht.
Bildnachweis: Adobe Stock/ agenturfotografin, Karin & Uwe Annas